Vom Yachtmaster zum RYA Cruising Instructor

"Du wärst ein guter Instructor”, sagte mir mein Yachtmaster-Instructor am Ende meiner Ausbildung Yachtmaster-Offshore. Gesagt, getan! Ich flog erneut in den Solent, um die Ausbildung zum Ausbilder zu absolvieren. 

Denn im Gegensatz zum deutschen Ausbildungssystem reicht es in Großbritannien nicht aus, einfach den “Führerschein” zu haben und damit seine Segelkompetenz nachzuweisen. Die Royal Yachting Association (RYA) will die Qualität der Ausbildung hoch halten und legt auch so die Messlatte zur Ausbildung der Ausbilder sehr hoch. 

Aber okay, ich habe mich für diesen Schritt entschieden, also ziehe ich es auch durch: 

Die Anforderungen für die Ausbildung zum Cruising Instructor 

Den ersten und wichtigsten Schritt für die Ausbildung zum Cruising Instructor habe ich im September und Oktober 2022 geschaffen. Ich habe die Prüfung zum Yachtmaster Offshore bestanden. Danach machte ich direkt das Commercial Endorsement – die Lizenz für das gewerbliche Skippern. Dafür absolvierte ich einen Online-Kurs mit Prüfung zum Thema Rechte und Pflichten als Profi-Skipper, besuchte einen RYA/STCW Sea Survival Kurs (NICHT World Sailing oder DSV!) und musste zur Seediensttauglichkeitsprüfung. Für die Zulassung zum Cruising Instructor Kurs war dann noch ein Erste-Hilfe-Kurs fällig. All diese Dokumente in der Tasche konnte ich mich über die Webseite der RYA zu einem passenden CI-Kurs anmelden. Der Zeitraum: Eine Woche im Dezember 2022. 

Die Vorbereitungen auf den Cruising Instructor Kurs

Was ich bei der Anmeldung nur überlesen hatte: Bereits im Vorfeld des Kurses gibt es eine Reihe von Hausaufgaben, die jeder von uns zu erledigen hat. Darauf war ich eigentlich nicht eingestellt. Aber es blieb mir nichts anderes übrig: Kurzerhand räumte ich meinen Terminplan frei, denn die Kursvorbereitungen waren nicht ohne: 

Zunächst galt es, einen Online-Kurs mit Prüfung zu absolvieren. In diesem ging es um Fähigkeiten, die ein guter Lehrer braucht und was es als Cruising Instructor zu beachten gibt. Nachdem ich diese Prüfung erfolgreich abgeschlossen hatte, ging es mit zwei weiteren Online-Prüfungen weiter. “Pre Course Knowledge check” nennt es die RYA, um sicherzustellen, dass alle CI-Kandidaten auch auf dem richtigen Niveau sind. Darin ging es zum einen um theoretisches Wissen, als auch um praktisches Wissen aus dem Bereich Segeln. So musste ich beispielsweise aus verschiedenen möglichen Situationen zum Anlegen auswählen oder Entscheidungen an Bord begründen. 

Doch damit nicht genug: Zusätzlich sollte jeder Kursteilnehmer zwei Theorieeinheiten à 15 Minuten vorbereiten. Meine Themen waren “Engine Checks” und “The use and limitations of AIS”. Während der Engine Check kein Problem darstellte, musste ich mich in das Thema AIS doch sehr einarbeiten. Wie präsentiere ich ein so komplexes Thema in der kurzen Zeit? Ich machte Notizen, erstellte eine Powerpoint-Präsentation und übte, übte, übte. 

Mit den drei Zertifikaten und meiner Vorbereitung im Gepäck brach ich dann erneut nach England auf. Erneut sehr nervös! Erfülle ich die seglerischen Anforderungen? Reicht mein Englisch aus, um die diesmal nur mit Engländern an Bord zu bestehen? Einen Rückzieher konnte ich nun nicht mehr machen, also ging es los. 

So läuft die Ausbildung zum Cruising Instructor 

Samstags Nachmittags landete ich in London und fuhr weiter in die Port Hamble Marina. Auf unserem Boot, der CREME DE LA CREME, einer Oceanis 37,  warteten schon meine Mitsegler Simon und Jim auf mich. Gemeinsam würden wir die kommende Woche bestreiten. Unser Ausbilder-Ausbilder Mike würde am Sonntag Abend in Cowes zu uns stoßen. Auf eigene Faust segelten wir also am Sonntag von Hamble nach Cowes und nutzten zwischendurch die Gelegenheit uns auf dem Boot einzugroven. 

Unser Boot für die Ausbildungswoche. Die CREME DE LA CREME, eine Oceanis 37.

Als Mike am späten Nachmittag zu uns an Bord kam, waren wir gut drauf und freuten uns auf die bevorstehende Woche. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es dann aber auch direkt los. “Was sind eurer Meinung nach wichtige Eigenschaften eines Ausbilders?”, fragte Mike in die Runde. Wir sammelten unsere Gedanken fleißig auf Post-its und einigten uns dann am Ende auf vier Dinge, die ein guter Skipper für uns mitbringen muss: Gute Kommunikation, Professionalität, Empathie, Sicherheit. 

Erstmal einsegeln und das Boot kennenlernen.

Für den ersten Abend war dann Feierabend. Aber Mike ging natürlich nicht, bevor er uns nicht noch eine Hausaufgabe da gelassen hatte. Für den kommenden Tag sollten wir Praxiseinheiten vorbereiten. Untereinander teilten wir die sechs Themen auf. Ich bekam Wenden und Halsen. Während Mike sich auf den Heimweg begab, saßen wir drei also noch an Bord, um unsere Einheiten für den kommenden Tag vorzubereiten. 

Unser gemeinsames Brainstorming: Was macht einen guten Skipper/Ausbilder aus?

Am Montag ging es dann direkt los. Wir wollten das Tageslicht und den Wind nutzen, denn ab Mitte der Woche sollte Flaute herrschen. Wir legten in Cowes ab und fuhren westlich der Bramble Bank im Herzen des Solent unsere Manöver. Unsere Rollen wechselten wir dabei immer durch: Eine Person war der Schüler, einer der Instructor und ein Beobachter gab am Ende Feedback. 

Ich war sehr nervös, als ich meine Manöver mit meinem “Schüler” nach dem EDICTS-Prinzip durchging.. EDICTS steht für Explanation, Demonstration, Imitation, Correction, Training, Summary. Meine Manöver liefen gut, ich gewann immer mehr Selbstvertrauen und so lautete auch das abendliche Feedback von Mike. Meine Einheiten seien gut gelaufen und ich müsse mir auch keine Probleme wegen der Sprache machen, bestätigte mir der Instructor-Instructor. 

Und bevor er ging, gab es für uns natürlich auch wieder Hausaufgaben. Einheiten vorbereiten und gemeinsam überlegen, wie man einen Dayskipper-Kurs für eine Woche gestalten könnte.  

So lief die gesamte Woche ab. Morgens kam Mike an Bord, wir machten ganz kurz eine Theorie-Einheit, dann ging es aufs Wasser. Täglich “unterrichteten” wir jeweils zwei Manöver. Das beinhaltete An- und Ablegen, Wenden auf engem Raum, An- und Ablegen unter Segeln, Anfahren einer Mooring-Boje, Erstellen eines Pilotage-Plans und alles andere, was im Syllabus für den Dayskipper vorkommt. 

Am Mittwoch stand zusätzlich noch eine Fahrt bei Dunkelheit an. Mike gab vor, wohin wir navigieren sollten, eine Find-a-Spot-Übung. Zwar durften wir den Plotter zur Unterstützung nutzen, waren aber dennoch auf die Mittel der terrestrischen Navigation angewiesen. 

Es war kalt, sonnig und Flaute. Nach zwei Tagen unter Segeln hieß es danach nur noch „Maschinenfahrt“.

Jeden Abend gab Mike uns Feedback und sagte uns, wo wir stehen. Meine Einheit zum Thema “Wenden auf engem Raum” war nicht gut. Ich hatte ein Blackout. Ob es an der Erkältung lag, die ich mir im Laufe der Woche eingefangen habe oder an der Nervosität, keine Ahnung. Ich stand also auf der Kippe, war unsicher und wurde nur noch nervöser. Denn Mike war nicht nur da, um uns zu coachen. Nein, wir standen die ganze Woche unter Beobachtung, mussten abliefern. Denn er entscheidet maßgeblich darüber, ob wir am Ende der Woche als Cruising Instructor nach Hause fliegen oder nicht. 

Am Donnerstag verließ Mike uns um die Mittagszeit. Für uns hieß das nicht etwa Füße hochlegen. Nein! Bevor Mike ging, teilte er uns noch mit, welche Aufgaben wir für die Mediation am kommenden Tag vorbereiten sollten und anschließend mussten wir das Boot zurück nach Hamble bringen. Denn: Nicht Mike würde den letzten Tag mit uns an Bord verbringen, sondern Matt. 

Die Mediation bzw. die Prüfung zum Cruising Instructor

Am sogenannten Mediation-Day ist es üblich, dass ein anderer Instructor-Instructor an Bord kommt, um die Leistung der zukünftigen RYA-Ausbilder zu überprüfen. Mir teilte Mike für diesen Tag die Themen Wenden auf engem Raum, unterwegs Reffen und Kaltwasser-Schock zu. 

Unsere Einheiten für den Mediation Day zum Cruising Instructor.

Den Donnerstagabend verbrachten wir dann alle drei erneut mit der Vorbereitung. Am Freitagvormittag kam dann Matt an Bord. Da es in der Nacht zuvor gefroren hatte, wollten wir noch etwas warten, bis das Eis abgetaut war. Wir starteten daher mit unseren vorbereiteten Theorie-Einheiten. Ich war sehr nervös, verhaspelte mich das ein oder andere Mal. Das Feedback war aber okay. Ich solle nur zukünftig darauf achten, nicht zu tief in medizinische Einzelheiten zu gehen. 

Der Morgen an Bord: Die Instrumente waren zugefroren, sodass wir erstmal auf die Sonne warten mussten, die das Eis abtauen sollte.

Nach unseren Einheiten holte Matt dann die FlipCards raus, verteilte jedem von uns Schall-Signale und fragte uns der Reihe nach ab. Wir alle hatten Probleme, konnten nicht alle Signale einwandfrei wiedergeben. Matts Appell war deutlich: “Bevor ihr unterrichtet, müsst ihr sie alle können. Es darf nicht vorkommen, dass eure Schüler ggf. mehr wissen als ihr!”

Danach ging es in die Praxis. Aufgrund der Flaute fielen unsere Segelmanöver aus. Ich musste also nur noch einmal das Manöver Wenden auf engem Raum lehren. Mit meiner ersten Präsentation war Matt nur bedingt zufrieden. Ich sollte nochmal demonstrieren und er sei mein Schüler. Es wurde besser, ich konnte all seine Fragen beantworten. Es gab kein Feedback. Unter Jims Anleitung legten wir in Hamble an. Wir machten alle gemeinsam einen Spaziergang und dann gesellte sich Mike zu uns an Bord. Die beiden Ausbilder setzten sich gemeinsam unter Deck und riefen dann einen nach dem anderen zu sich. 

Ich war extrem nervös, als ich den Niedergang der CREME DE LA CREME nach unten ging. Was sollte mich erwarten? War ich durchgefallen?  Musste ich mit einem Action-Plan nochmal für einige Tage wieder kommen oder bekäme ich das Zertifikat “Crusing Instructor”? 

Gemeinsam gingen wir die Woche durch. Mike hob die guten, aber auch die weniger guten Aspekte hervor. 

Dann aber gab es die Erlösung: “Herzlichen Glückwunsch. Du bist jetzt Cruising Instructor”, sagten Mike und Matt zu mir und stellten mir auch gleich das vorübergehende Zertifikat aus. 

Da ist es: Mein vorläufiges Zertifikat als Cruising Instructor.

Die Erleichterung war groß, hatte ich doch im Verlauf der Woche nicht mit einem positiven Ausgang gerechnet. Umso ausgelassener feierten wir am Abend unseren Erfolg mit einem Glas Wein! 

Das darf ich jetzt als Cruising Instructor 

Der Cruising Instructor ist die Einstieg in das Ausbilderdasein im RYA-Syllabus. Mit dieser Lizenz darf ich nun Anfänger bis zum Level Dayskipper unterrichten. Für die Ausbildung der höheren Level ist die Ausbildung zum Yachtmaster Instructor notwendig. Diese kann man frühestens zwei Jahre nach Ablegen der Cruising Instructor Lizenz absolvieren. 

Wer zusätzlich noch Theorie-Kurse unterrichten will, muss zusätzlich den Kurs zum Theorie-Lehrer absolvieren. Dieser befasst sich mit didaktischen Inhalten. Für jeden Theorie-Kurs ist darüber hinaus noch ein themenspezifischer Kurs notwendig. 

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